Retten wir die Maag-Hallen
Unter dem Titel "Retten wir die Maag-Hallen" hat sich 2022 ein überparteiliches Komitee von Anliegern und Quartier-Exponenten formiert, um den geplanten Abriss der letzten historischen Produktionshallen der einstigen Zahnradfabrik Maag zu verhindern. Inzwischen wurde auch vom Heimatschutz ein Rekurs gegen die Baubewilligung eingereicht. Die Bauherrin SPS reagiert mit einem "Time out"
Die Sachlage ist bekannt: Die SPS (Swiss Prime Site), Eigentümerin des Maag-Areals, will ihren Grundbesitz weiter ausnützen und plant, die letzten Reste der alten Industriekultur diesem Vorhaben zu opfern. Die alten Maag-Hallen sollen abgerissen und das Areal neu überbaut werden. Dies, obwohl es ein vernünftiges Konzept des renommierten Büros Lacaton & Vassal gegeben hätte, das den Erhalt der Hallen plus Neubau vorsah.
Gegen die von der Bauherrschaft favorisierten Pläne wehrt sich das Quartier. In kurzer zeit wurden über 10'000 Unterschriften gegen die Baumpläne gesammelt und dem Zürcher Stadtrat übergeben.
Der Stadtrat hat nun ein Dilemma: Zum ersten hat sie dem Baubegehren der SPS entsprochen und vor kurzem eine entsprechende Bewilligung erteilt, zum zweiten hat sie eine Petition auf dem Tisch, hinter der nicht nur 10'000 Stimmbürger*innen stehen, sondern auch namhafte Exponenten der Architektur- und Bauwelt, und zum dritten hat auch der Heimatschutz Rekurs eingereicht. Ausserdem gibt es eine Reihe von Nachbarn, die gewillt sind, das Projekt bis durch die letzten Instanzen juristisch zu bekämpfen – etwa die Hamasil-Stiftung. Das könnte das Bauprojekt sehr weit zurückwerfen.
Will die SPS das geplante Hochhaus mit Kleinwohnungen (Projekt Sauerbruch Hutton, Berlin) bauen, dann muss sie diesen Plan wohl bis vor Bundesgericht durchboxen. Die Hamasil-Stiftung von Martin Seiz hat einen langen Atem und angekündigt, Widerstand zu leisten. Ausserdem hat nun der Heimatschutz formellen Rekurs eingereicht, und dessen Meinung hat durchaus Gewicht. "Ob die Maag-Halle wegkommt, bleibt ungewiss", schreibt der Tages-Anzeiger und verweist darauf, dass auch auf dem benachbarten Grundstück, dem von Welt-Furrer, ein langjähriges Rechtsverfahren in Gang kommt.
Für das Komitee "Retten wir die Maag-Hallen" von Christoph Gysi, der auch Gründer und Präsident der Kulturmeile Zürich-West ist und der den Widerstand gegen den Abriss der historischen Hallen angeschoben hat, kommt die Schützenhilfe gerade noch rechtzeitig. "Der geplante Abriss der Maag Hallen ist rechtlich unzulässig und widerspricht diametral den heutigen Prinzipien im Städtebau", so Gysi, "Die Maag Hallen erfüllen laut einem Gutachten des Zürcher Heimatschutzes die Kriterien, um als schutzwürdig eingestuft zu werden." Das Quartier brauche "keine neuen Büropaläste und Luxuswohnungen, sondern Kultur, Gastronomie, Läden und Wohnungen, die bezahlbar sind."
Die Gerichte könnten für diese Argumente durchaus Gehör haben, meint auch die NZZ, welche zum Rekurs des Zürcher Heimatschutzes schreibt: "Er hat ein Killerargument, das anderswo in der Stadt schon gestochen hat." Gemeint ist, dass das Maag-Areal im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (Isos) aufgeführt ist – und zwar mit dem strengsten aller Erhaltungsziele. Das bedeutet im Prinzip: Abbruchverbot. Dieses könnte theoretisch übersteuert werden, so die NZZ, aber: "Die Rechtsprechung hat gezeigt, dass dies nicht so einfach ist, wie von den städtischen Baubehörden ursprünglich gedacht."
Einen Ausweg aus dem Dilemma böte eine Revision der inzwischen zwanzig Jahre alten Sonderbauvorschriften für Zürich-West, die im Grunde wenig Alternativen zum Abriss möglich machen. Eine solche würde der Stadt sowie den Grundeigentümern die Zeit geben, ihre Planung zu überdenken und die Gesetze an die heutigen Bedürfnisse anzupassen. Im Zürcher Gemeinderat wurde dazu bereits eine entsprechende Motion für eine Revision der Sonderbauvorschriften eingereicht.
Die Kulturmeile Zürich-West unterstützt, nicht nur wegen der personellen Verflechtung von Komitee und Vereinigung, das Vorhaben der Rekurrenten und ermahnt die Bauherrschaft, diese bald letzten Zeitzeugen der alten Industriezeit in Zürich-West zu erhalten. Alles andere wäre ein weiterer Dolchstoss ins Herz des Quartiers.
Nachtrag vom 20. August 2023:
Die Bauherrin SPS Swiss Prime Site hat laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung ein so genanntes "Time Out" für die Rechtshändel rund um die Maag-Halle beantragt. Die Immobiliengesellschaft hat beim Zürcher Baurekursgericht eine Sistierung des Verfahrens beantragt, das Gericht muss den Fall vorderhand nicht behandeln. Könnte heissen: Ein alternatives Projekt kommt wieder aufs Tapet!